Hörgesundheit: Retrocochleärer Hörverlust
Probleme mit dem Hören müssen nicht immer akustischer Natur sein, es kann sich dabei auch um ein neurologisches Problem handeln. In diesem Blog erfahren Sie mehr über retrocochleären Hörverlust.
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Bei der Aufzählung verschiedener Arten von Hörverlust wird eine Form häufig übersehen. Viele Internetseiten listen drei Formen auf, eigentlich gibt es aber vier Arten von Hörverlust: Schallleitungs-, sensorineuraler-, Kombinierter– und retrocochleärer Hörverlust.
Retrocochleärer Hörverlust wird oftmals übergangen, da diese Form von Hörverlust nicht das eigentliche Hörorgan betrifft, sondern den Hörnerv und die Weiterverarbeitung im Gehirn. Dennoch wird ein retrocochleärer Hörverlust als solcher bezeichnet und viele Betroffenen gelten als schwerhörig.
Ohne die entsprechenden Tests kann es schwierig sein, zwischen retrocochleärem und anderen Arten von Hörverlust zu unterscheiden. In diesem Artikel werden wir erklären, was sie voneinander unterscheidet und wie man die Symptome erkennt, um sich behandeln zu lassen.
Was ist retrocochleärer Hörverlust?
Kurz gesagt ist retrocochleärer Hörverlust eine Form von Hörverlust, zählt dabei aber nicht zu den traditionellen Formen. Insofern keine andere Form des Hörverlusts vorliegt, sind die Ohren im Falle eine retrocochleärer Hörverlusts zwar in der Lage, Schall zu empfangen, das Gehirn hat allerdings Probleme, diesen zu verarbeiten und zu verstehen.
In vielen Fällen gehen Hörverlust und retrocochleärer Hörverlust Hand in Hand. Zwar hat nicht jeder, der an retrocochleärem Hörverlust leidet, einen Schallleitungs- oder sensorineuralen Hörverlust, oftmals tritt er aber in Kombination auf. Es ist üblich, dass das Gehirn mit dem Verstehen von Sprache und anderen Geräuschen zu kämpfen hat, wenn es nicht mehr gewohnt ist, Geräusche zu hören.
Aus diesem Grund sind spezielle Untersuchungen die Standardverfahren zur Diagnose eines retrocochleären Hörverlusts. In der Regel arbeiten ein HNO-Arzt und eine audiologische Fachkraft zusammen, um einen retrocochleären Hörverlust zu diagnostizieren und einen zugrunde liegenden Hörverlust zu erkennen oder auszuschließen.
Symptome von retrocochleärem Hörverlust
In der Regel wird ein Hörverlust durch das Erkennen von Problemen mit dem Hören und Verstehen von Sprache festgestellt. So zum Beispiel:
- Schwierigkeit, Sprache zu verstehen
- Menschen häufig bitten, sich zu wiederholen
- Probleme Gesprächen zu folgen
- Große Schwierigkeiten, ein Gespräch in lauten Umgebungen zu führen (Cocktail Party-Effekt)
- Probleme beim Hören oder Genießen von Musik
- Erschöpfung oder Müdigkeit am Ende des Tages
Die Symptome von retrocochleärem Hörverlust sind ähnlich derer von anderen Arten von Hörverlust, einige davon kommen allerdings häufiger bei retrocochleärem Hörverlust vor. So zum Beispiel:
- Schwierigkeit, sich an gesprochene Anweisungen oder Informationen zu erinnern
- Wörter oder Sätze falsch verstehen
- Reizüberflutung (in lauter Umgebung überfordert sein oder ängstlich werden)
- Probleme beim Erfassen von Nuancen der Sprache (z.B. Tonfall)
Retrocochleärer Hörverlust wird häufig als ADHS oder Legasthenie fehl diagnostiziert, insbesondere bei Kindern, die Schwierigkeiten mit dem Lesen oder Schreiben haben. Retrocochleärer Hörverlust ist bei Kindern am auffälligsten, da er ihre Leistung im Klassenzimmer beeinträchtigen kann.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei Erwachsenen kein retrocochleärer Hörverlust diagnostiziert werden kann. Tatsächlich kommt es bei Erwachsenen seltener zu einer Diagnose, weil sie ihre Symptome ignorieren, sich selbst die Schuld dafür geben, dass sie zerstreut/unintelligent sind, oder unbewusste Anstrengungen unternehmen, sie zu überwinden.
Aus diesem Grund ist es wichtig, einen Hörtest und eine Untersuchung durchführen zu lassen, wenn Sie glauben, dass Sie an irgendeiner Form von Hörverlust leiden könnten, einschließlich dem retrocochleären Hörverlust.
Ursachen und Vermeidung von retrocochleärem Hörverlust
Es gibt eine ganze Reihe möglicher Ursachen für retrocochleären Hörverlust, obwohl es schwierig sein kann, die Kausalität von Fall zu Fall für jede Person zu bestimmen. Im Gegensatz zu Schallleitungs- oder Sensorineuralen Hörverlust, bei dem meist Lärm oder Blockaden die Ursache sind, ist ein retrocochleärer Hörverlust neurologischer Natur. Wie bei vielen anderen Störungen kann es schwierig sein, eine direkte Ursache und Lösung dafür zu finden.
Es lassen jedoch einige mögliche Verbindungen zwischen bestimmten Bedingungen und retrocochleärem Hörverlust feststellen:
- Andere Arten von Hörverlust, wie z.B. Schallleitungs- oder Sensorineuralen Hörverlust. Bei Kinder, die schwerhörig geboren werden, kommt es nach dem Einsatz von Hörgeräten häufig zu einem retrocochleären Hörverlust
- Kopfverletzungen können zur Entwicklung eines retrocochleärem Hörverlusts führen
- Vererbung
- Chronische Ohrinfektionen und Meningitis im Kindesalter
- Eine Bleivergiftung erhöht die Wahrscheinlichkeit eines retrocochleärem Hörverlusts
- Geburtsbezogene Faktoren, wie Frühgeburt oder niedriges Geburtsgewicht
Da retrocochleärer Hörverlust häufig durch unkontrollierbare Faktoren und ohne Vorwarnung verursacht wird, ist er schwer zu verhindern. Es gibt keine spezifischen Maßnahmen, die Sie ergreifen können, um die Entstehung bei Ihnen oder Ihren Angehörigen zu verhindern, da die Ursachen häufig ungeklärt sind. Bei Kindern mit einer vererbten Wahrscheinlichkeit für retrocochleären Hörverlust oder einer Vorgeschichte, die häufige Ohrinfektionen oder Meningitis einschließt, wird empfohlen, sie eher früher als später testen zu lassen. Je früher die Krankheit diagnostiziert wird, desto schneller können sie die Unterstützung erhalten, die ihnen hilft, in der Schule erfolgreich zu sein. Nicht erkannter retrocochleärer Hörverlust kann dazu führen, dass schulische Probleme auftreten, Unsicherheit aufkommt und es schwierig ist, Freundschaften zu schließen.
Behandlung von retrocochleärem Hörverlust
Retrocochleärer Hörverlust kann nicht geheilt werden. Doch die richtige Behandlung kann Kindern (und Erwachsenen) helfen, sich trotzdem in der Welt zurechtzufinden.
Vor der Behandlung ist es wichtig, dass ein Hörtest und eine vollständige Untersuchung durchgeführt wird. Wenn eine andere Form von Hörverlust vorliegt, kann eine zusätzliche Behandlung erforderlich sein. Ein Kind mit Schallleitungsschwerhörigkeit kann beispielsweise Hörgeräte benötigen, bevor es wegen retrocochleären Hörverlust behandelt werden kann.
Sobald eine Diagnose steht oder das zugrunde liegenden Problem behoben wurde, kann ein Behandlungsplan erstellt werden. Nicht jeder Behandlungsplan ist genau gleich, aber viele beinhalten die folgenden Punkte:
- Sprachtherapie hilft Kindern, Geräusche zu erkennen, Gespräche zu führen und zwischenmenschliche Fähigkeiten zu erlernen, die ihnen helfen, Kontakte zu knüpfen und zu lernen.
- Das Gedächtnis und die Problemlösungsfähigkeiten können verbessert werden, um Kindern zu helfen, sich in der Welt zurechtzufinden und mit retrocochleärerem Hörverlust umzugehen.
- Sowohl Zuhause, als auch im Klassenzimmer können ein paar einfache Veränderungen vorgenommen werden. Die Abdeckung von Hartholz-Böden, eingeschränkte Nutzung von Fernsehern und Radios sowie ruhige Umgebungen sind für Betroffene gut geeignet.
- Verständnis ist der Schlüssel, unabhängig vom Alter. Ärgern Sie sich nie über jemanden, der Sie bittet, sich zu wiederholen, und schimpfen Sie nicht über ihn, weil er “nicht zuhört”. Gehen Sie immer davon aus, dass jemand mit Hörverlust sein Bestes tut, und tun Sie Ihr Bestes, damit er sich in Gesprächen wohl und selbstbewusst fühlt.
Wenn Sie glauben, dass Sie, Ihr Kind oder ein anderer Angehöriger oder Bekannter an retrocochleärem Hörverlust leidet, ist die Suche nach einem Hörakustiker in Ihrer Nähe der erste Schritt zur Diagnose. Mithilfe der Signia Akustiker Suche können Sie Hörakustiker in Ihrer Umgebung finden. Wenn Ihnen dieser Artikel ein besseres Verständnis von Hörverlust gegeben hat, sollten Sie sich unsere Artikel über andere Formen von Hörverlust ansehen. Abonnieren Sie den Signia Newsletter, um immer auf dem aktuellen Stand zu bleiben.